Wittstock, Wittstock

Der Film rekapituliert die Spanne zwischen 1975, als der erste Film des Wittstock-Zyklus entstand und 1997. Eine Chronologie, die mit Ausschnitten arbeitet, die schon in früheren Filmen vorkamen, und sie mit unbekannten Material vermischt. Die Lebensläufe von Edith, Elsbeth und Renate sind so vollständig wie möglich gezeigt. Und das heißt: ohne Zudringlichkeit und ohne Überschreitung der Grenzen, die von den Personen selbst definiert werden. Wie im Zeitraffer liegen die Geschichten der drei Frauen nun vor dem Betrachter. Die Anfänge im Werk, mit den Hoffnungen auf eine sinnvolle Arbeit, mit den Träumen vor allem der Jugendlichen. Dann kommen die ersten Rückschläge, eine Vergeblichkeit liegt in vielem, das System bleibt starr. Die offene Kritik, die ungeschminkte Rede droht zu verstummen. / Selbst die burschikose Renate, die kritische Edith deuten lieber an, als die Dinge beim Namen zu nennen. 1984 herrscht Resignation, auch bei diesen drei Frauen, die jede auf ihre Art so aktiv sind, so voller Tatendrang - und die sich zu oft gebremst gesehen haben. / Hier war die Reihe der "Wittstock"-Filme schon einmal zu Ende. Die Erstarrung gab kein Material mehr her. Erst die Wende macht Koepp noch einmal neugierig zu sehen, was passierte. Nun hieß die Realität Arbeitslosigkeit, Unsicherheit, für Edith Umzug nach Westdeutschland. Aber keine Spur von Resignation. Ohne Illusionen, ohne Klage erzählen die Frauen vom neuen Leben. Edith und ihr Mann haben in Schwaben wieder Arbeit gefunden - das Heimweh bleibt. Renate, die nun als Zimmerfrau arbeitet, macht die geschönte Arbeitslosenquote, die Hoffnungslosigkeit so vieler, regelrecht rebellisch. Ihr Temperament kann sich nicht beruhigen, und warum sollte sie gerade jetzt still sein? Elsbeth macht wieder einmal Umschulung: sie hat jetzt schon viel Neues gelernt. Aber das wird gerade nicht gebraucht auf dem Markt. Dort ziehen sie ungelernte Verkäuferinnen vor.Das Vergehen der Zeit ist ein zentrales Thema des Films. Die Bilder des Kameramannes Christian Lehmann, der von Anfang an dabei war, betonen das. Seine Kompositionen darf man ruhig "schön" nennen - ihre ästhetische Qualität gehört zum Konzept dieser Dokumentarfilme dazu. Sie sind Erzählungen vom alltäglichen Leben, sie sind daher auch Inszenierungen. Kein direct cinema, sondern ein kalkulierter poetischer Dokumentarfilm, der mit den Bildern erzählt.

Archivnummer HDF003638
weitere Titel:
Untertitel: Wittstock-Zyklus
Filmschaffende
Kruschke Film- und Fernsehproduktion (Produktionsleiter/in)
Volker Koepp (Autor/in)
Volker Koepp (Regisseur/in)
Christian Lehmann (Kamera)
Angelika Arnold (Cutter/in)
Datierung 1997
Länge 115'00"
Formate
VHS Schwarz/weiß
Farbe Schwarz/weiß
Ton
Kategorien GESELLSCHAFT UND SOZIALES
Schlagwörter
Eintragdatum: 02.08.1999
Änderungsdatum: 17.11.2005