Wolf Biermann ist Sänger und Dichter und hat die unfreiwillige Aura einer politischen Legende: ein Deutscher, der künstlerisch von den französischen Dichtern und Chansonniers, politisch von der französischen Revolution und der Pariser Kommune geprägt ist. Sein Spitznameist der "Gallische Sänger", er prägt für sich selbst den Begriff des "Liedermachers" und bleibt in diesem Sinne eine deutsche Einzelerscheinung. / Biermann verläßt Westdeutschland 1953 siebzehnjärig, zur Zeit des Kalten Krieges, um Bürger der DDR, "Meines Vaterlandes", zu werden. Die Abteilung Agitation und Propaganda der SED hätte ihn nicht besser erfinden können:Er wuchs auf im Hamburger Hafenviertel, seine Eltern und Großeltern waren engagierte Kommunisten und sien Vater Ziel politischer Verfolgung der Nazis: Er wurde nach Auschwitz gebracht, wo man feststellte, daß er zusätzlich noch Jude war...Dies alles ist wichtig, denn Wolf Biermann ist einer der wenigen Deutschen seiner Generation, die heute nicht mit geneigtem Kopf herumlaufen müssen, weil sie sich schuldig fühlen für die Sünden ihrer Eltern. Er ist kein "Kind von Nazis".Biermann, die Legende, entwickelte sich als Sänger während der Jahre 1965-1976, bis hin zu seiner Verbannung aus Ostdeutschland. Seine Lieder werden in den Westen geschmuggelt, und Biermann wird zum Symbol mutigen Handelns im Angesicht der Unterdrückung. 1976 wird ihm die DDR- Staatsbürgerschaft entzogen. Seine Ausweisung steht am Anfang einer großen Auswanderungswelle ostdeutscher Intellektueller. Ein wahrer Schlag ins Gesicht für das Land, das sich nie mehr wirklich davon erholte. Manche gehen heute soweit zu sagen, Biermanns Ausweisung war der Anfang vom Ende der DDR.Die Geschichte Biermanns ist gleichzeitig die Geschichte Deutschlands vor und nach der Wiedervereinigung. Biermanns offenherzige Art, in alten Zeiten Dorn im Auge der ostdeutschen Führungsebene, macht ihn heute zu einer umstrittenen Figur in der neuen deutschen Landschaft. In den Worten Biermanns: "Die göttliche Strafe für den Holocaust und die Nazis war nicht die Teilung Deutschlands, sondern seine Wiedervereinigung und die Tatsache, daß wir heute alle zusammenleben müssen.(Pr-text)