Kreatives Spiel mit Genre-Elementen
Unter den Amateur-Spielfilmen im Bestand der Landesfilmsammlung sind Komödien besonders häufig vertreten: kurze Sketche oder Erzählungen mit einer pointierten, humorvollen Auflösung. Ein weiteres verbreitetes Genre, ist der Kriminalfilm, der oft Schnittmengen mit den Komödien bildet. Für ein Kurzfilmprogramm, das zum ersten Mal im Rahmen des HFM-Sommerfestivals vorgeführt worden ist, haben wir acht Amateur-Spielfilme ausgewählt. Sie repräsentieren ein großes Spektrum der Amateurfilm-Produktion von 1955 bis 1986 und zeichnen sich durch unterschiedliche handwerkliche Qualitäten aus. Allen gemein ist aber, dass sie sich verschiedener, aus Krimis vertrauter, Aspekte bedienen.
Verbrechen in unterschiedlichen Formen
Der Film „Parken (k)ein Problem“ ist 1978 von Hermann Schürle auf Super-8 gedreht worden. Während seiner Laufzeit von sieben Minuten portraitiert er die Stadt Heidenheim und geht dabei besonders auf den dichten Autoverkehr und die knappen Parkplätze ein. Der Off-Kommentar wird in Versform vorgetragen und als Pointe wird mit einem Augenzwinkern eine betrügerische Methode vorgestellt, um sowohl der Parkplatznot als auch einem Strafzettel zu entgehen.
Solche Gaunereien lassen sich leicht in Städteportraits einbauen, da sie sich fast von alleine erzählen. Den Zuschauer:inen ist das Problem vertraut, und sie kennen auch die möglichen Konsequenzen. Die Autorin muss sich dann nur noch eine unterhaltsame Auflösung einfallen lassen. Verbrechen kommen in unterschiedlichen Formen im Amateurfilm vor, weil sie Sehgewohnheiten entsprechen und mit alltäglichen Ängsten und Erfahrungen spielen.
Ein anderes Spiel mit Kriminalfilm-Motiven treibt „Kriminal-Tango“ von 1960. Hier steht die Musik im Vordergrund, handelt es sich doch um eine filmische Interpretation des gleichnamigen Schlagers in der Fassung des Hazy-Osterwald-Sextetts von 1959. Zwielichtige Gestalten in einer Kellerbar, Pistolen, ein Mordopfer und ein Detektiv sind hier die visuellen Elemente. Der Film ist eine Arbeit von Marta und Walter Herbstreuth vom Filmamateurclub Stuttgart.
Große Ambitionen und kultivierter Dilettantismus
Verbrechen finden jedoch nicht nur als schmückendes Beiwerk in Amateur-Kurzfilmen statt. Es gibt auch Beispiele für Erzählungen, die sich um Kriminalfälle herum entspinnen. So beispielsweise „Chorprobe“, ein zwanzigminütiger Krimi aus dem Jahr 1980, der von Walter Dieterle vom Filmamateurclub Esslingen auf 16mm gedreht worden ist. Mit Hilfe des Mediums Film macht sich hier ein Kameramann daran, einen Mord in einer Kirche aufzuklären – eine Herangehensweise, offensichtlich inspiriert von Dario Argentos „Vier Fliegen auf grauem Samt“ und Michelangelo Antonionis „Blow Up“.
Deutlich weniger ambitioniert kommt „Eine unmögliche Schlamperei“ (1986) von Wilhelm Kienzle aus dem Filmclub Singen-Radolfzell e.V. daher. Doch gerade seine schauspielerischen und inszenatorischen Unzulänglichkeiten machen diesen Kurzfilm besonders liebenswert. In zwölf auf Super8 gedrehten Minuten wird hier vom Azubi Manfred erzählt, dem bei einem Botengang die Brieftasche mit den Einnahmen seines Arbeitgebers abhandenkommt. Das thematisierte Verbrechen ist allerdings kein Diebstahl, sondern Manfreds gewiefte Methode, an den Finderlohn zu kommen.
Spannungsaufbau bis zur Pointe
Auf formaler Ebene ist in Filmen, die Verbrechen oder Kriminalität zum Thema haben, oft die Inszenierung von Suspense zu finden. Das ist bei Amateur-Spielfilmen nicht anders. Suspense entsteht, wenn die Zuschauenden um eine Gefahr für den oder die Protagonist:in wissen; wenn sogar bekannt ist, wann das Schicksal zuschlagen wird. So wird die Spannung bis zur finalen Konfrontation aufgebaut. Zwei Filme aus den 1950er Jahren, beide vom Amateurfilmclub Stuttgart, arbeiten mit diesem Stilmittel.
„Der Mörder kommt um 11“ ist 1955 von Marta und Walter Herbstreuth auf 8mm Film gedreht worden. In dem zehnminütigen Kurzfilm liest ein Mann einen Krimi und trinkt dabei Wein. Diese Einstellungen wechseln sich ab mit filmischen Interpretationen der literarischen Handlung. Der dramatische Text und der Alkoholkonsum führen schließlich dazu, dass der Leser selbst sich in Lebensgefahr wähnt.
Drei Jahre später hat Alfred Schröder den Elfminüter „Gefährliche Tage“ inszeniert. Hier findet ein Mann die Drohung „Sie haben noch 3 Tage zu leben“ in seinem Briefkasten. Zuerst schenkt er dem keine Beachtung, doch als ähnliche Nachrichten folgen, bewaffnet er sich, um den Kontrahenten zu stellen. Die unerwarteten Auflösungen beider Filme schließen dann wieder den Bogen zur Komödie.